Iran: Zunahme der Unterdrückung von Frauenrechtsaktivisten/Innen.

Amnesty International verurteilte in einem Brief an den Chef des iranischen Justizwesens die kürzliche Inhaftierung einer Menschenrechtsaktivistin und die beständige Schikanierung anderer, die verhindert werden das Land zu verlassen. AI forderte die iranischen Behörden auf, die Reisebeschränkungen aufzuheben und die Schikanen gegen Frauenrechtsaktivisten/Innen zu beenden.

Kürzlich fanden eine Razzien statt gegen Mitglieder der Kampagne für Gleichheit, einer Initiative zur Beendigung der gesetzlich verankerten Diskriminierung der Frauen im Iran. Die Kampagne informiert Frauen über ihre Rechte und versucht, eine Million Unterschriften in der iranischen Öffentlichkeit für eine Petition gegen die gesetzlich festgeschriebene Diskriminierung zu sammeln. In den letzten Wochen haben die iranischen Behörden verstärkt Schikanen gegen Frauenrechtssaktivisten/Innen und gegen Mitglieder der Kampagne für die Gleichheit ausgeübt. Sie drohten weiterhin Aktivisten/Innen mit Gefängnisstrafen, eine Anzahl von ihnen wurde wegen ihrer friedlichen Aktivitäten im Rahmen der Kampagne vor Gericht geladen. Die Behörden sprachen auch mehr und mehr Reiseverbote aus, dazu kam es zu Inhaftierungen und Anklagen. Diese Schikanen sollten erreichen, dass die Frauenrechtsaktivisten/Innen und andere Menschenrechtsverteidiger/Innen ihre Aktivitäten einstellten. Diese Reiseverbote widersprechen dem Recht zu reisen, niedergelegt in Artikel 12 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, der Iran ist Unterzeichnerstaat. Reiseverbote erhielten Parvin Ardalan, Mansoureh Shoja’i und Tal’at Taqina, sämtlich Mitglieder der Frauenbewegung, und noch fünf andere Mitglieder der Zivilgesellschaft.

– Esha Momeni ist eine iranisch-amerikanische Studentin an der Universität von Kalifornien und unterstützt die Kampagne für Gleichheit. Am 15. Oktober wurde sie von Sicherheitskräften verhaftet und hat seither keinen Kontakt zu ihrer Familie oder zu einem Anwalt. Sie befindet sich in der Abteilung 209 im Teheraner Evin-Gefängnis, die Abteilung untersteht dem Geheimdienstministerium. Sie wurde in Teheran bei einer Autofahrt angehalten von Männern, die sich als Verkehrspolizisten ausgaben. Diese nahmen sie mit zur Wohnung ihrer Eltern, die sie durchsuchten. Sie nahmen ein Tonband mit Interviews mit, die E. M. mit Mitgliedern der Kampagne für Gleichheit geführt hatte. Es handelte sich um eine Arbeit für ihr Studium. Ein Sprecher des Außenministeriums bestätigte ihre Inhaftierung und stellte fest, das ihr Fall untersucht würde und auch ihre gesetzlichen Rechte. Eine endgültige Beurteilung stünde noch aus.

Sussan Tahmasebi und Parestoo Alahyaai, Aktivistinnen der Kampagne für Gleichheit, mussten kürzlich vor dem Revolutionsgericht erscheinen und wurden dort über ihre Aktivitäten befragt. Bei beiden Frauen wurden die Wohnungen durchsucht und einige ihrer privaten Dinge beschlagnahmt, so ihre Laptops und Material in Bezug auf die Kampagne für Gleichheit.

– Sussan Tahmasebi wurde am 26. Oktober von Sicherheitskräften am Teheraner Imam Khomeini Flughafen daran gehindert, das Land zu einem Auslandsflug zu verlassen. Die Sicherheitskräfte nahmen ihr den Ausweis ab. Am selben Tag noch wurde ihre Wohnung durchsucht. Man zeigte ihr eine Vorladung, deren Datierung von vor einem Monat stammte. Sie sollte zu einem Verhör zur Abteilung 1 des Revolutionsgerichtes kommen. Am 29. Oktober wurde sie ohne Beisein ihres Anwaltes dann von Beamten des Geheimdienstministeriums vernommen. Man sagte ihr, sie müsse anfangs des nächsten Monats erneut dort erscheinen.

– Parastoo Alahyaari hatte zusammen mit anderen Frauenrechtsaktivisten/Innen im Laleh-Park in Teheran am 17. Oktober 2008 friedlich Unterschriften gesammelt. Sie wurden von Polizisten aufgefordert, sich zu zerstreuen. Am Tag danach durchsuchten Angehörige der Sicherheitskräfte ihre Wohnung. Sie musste dann unverzüglich vor dem Revolutionsgericht erscheinen, wo sie befragt wurde, weitere Verhöre wurden angekündigt.

– Nahid Keshavarz, Mahboubeh Hosein Zadeh, SaaidehAmin und Sarah Aminian, vier Frauenrechtsaktivistinnen, wurden im letzten Jahr wegen des Sammelns von Unterschriften im Laleh-Park vor Gericht gebracht. Ihr Prozess am 27. Oktober 2008 wurde auf Januar 2009 verschoben. Ihnen droht weiterhin eine Gefängnisstrafe. Ihre Anwältin Nasrin Sotoudeh kommentierte: „Ich bin hoffnungsvoll. Das Sammeln von Unterschriften ist vom Gesetz her nicht als Straftat deklariert, meine Klientinnen werden freigesprochen“.

Amnesty International fordert in dem Brief an den Chef des Justizwesens, Ayatollah Hashemi Shahroudi, die unverzügliche Aufklärung der Gründe für die Inhaftierung von Esha Momeni. Ebenso fordert AI ihre Freilassung, wenn sie nur wegen ihrer friedlichen Aktivitäten bei der Unterstützung der Kampagne für Gleichheit inhaftiert wurde. AI bittet um Mitteilung der Gründe für die Maßnahmen gegen Sussan Tahmasebi und Parastoo Alahyaari und fordert die Aufhebung aller Reiseverbote, verhängt nach friedlicher Ausübung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit. Ferner fordert AI die unverzügliche Rückgabe der Pässe an die Menschenrechtsaktivisten/Innen.

Amnesty International befürchtet, dass die kürzlich Ereignisse Teil eines systematischen Vorgehens der iranischen Behörden sind, zielgerichtet Schikanen und Einschüchterungen gegen friedliche Menschenrechtsaktivisten/Innen vorzunehmen.
Hintergrundinformationen.

Die unermüdlichen Aktionen der Frauenrechtsverteidiger/Innen haben erfolgreich eine Diskussion angefacht über die Diskriminierung von Frauen auf allen Ebenen der Gesellschaft – unter Frauen, in den Medien und selbst unter den Klerikern. Die iranischen Verantwortlichen scheinen allerdings diesen legitimen Forderungen der iranischen Frauen nur geringe Aufmerksamkeit entgegen zu bringen.
Erst kürzlich, am 20. Oktober 2008, drückte der Generalsekretär der Vereinten Nationen seine Besorgnisse über zunehmende Razzien im vergangenen Jahr gegenüber Mitgliedern der iranischen Frauenbewegung aus. Er sagte, die Frauenrechtsaktivisten/Innen würden von der iranischen Regierung so angesehen, als seien sie verbündet mit ausländischen Mächten um die Sicherheit des Landes zu bedrohen. So würden die Initiatoren/Innen der Kampagne für eine Million Unterschriften inhaftiert und von den Behörden eingeschüchtert.

(Unautorisierte Übertragung der Iran-Kogruppe. Es gilt das englische Original)

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