
Ich beginne meine Rede mit den Namen von Sharifeh Mohammadi, Varisheh Moradi und Pakhshan Azizi, die im Iran im Gefängnis sitzen und zum Tode verurteilt wurden, weil sie gegen das Patriarchat, für die Umwelt, für soziale Gerechtigkeit, für eine bessere Welt gekämpft haben.
Die iranische Gesellschaft hat vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten tiefgreifende Veränderungen erlebt. Im Jahr 2009 erkannten die Frauen, die den Versprechungen der Reformer vertraut hatten, dass diese nicht umsetzbar waren, und begannen, nach ihrer inneren Stärke zu suchen. Die Bewegung von 2009 hat das Bewusstsein der iranischen Frauen wie ein Faden unter die Haut der Gesellschaft gewebt. Acht Jahre sozialer, politischer und bürgerlicher Partizipation von Frauen führten schließlich dazu, dass Vida Movahed im Dezember 2017 inmitten des Aufstands friedlich ihr Kopftuch abnahm, es an einem Stock befestigte und damit die Demonstranten daran erinnerte, dass eine Veränderung der Gesellschaft nicht möglich ist, ohne die frauenfeindliche Kultur zu durchbrechen. Vidas Aktion wurde vor allem von Frauen unterstützt. Trotz der Unterdrückung durch das Regime zeigten junge und alte Frauen ihre Unterstützung. Sie nahmen ihre Kopftücher und hängten an einen Stock. Vidas Mut wuchs. Die Parole „Reformisten, Konservative – das Spiel ist aus“ bedeutete das Ende einer 40-jährigen Illusion.
Die Ermordung von Gina Amini durch die Sittenpolizei im September 22 war der Funke eines Feuers, das wie ein Vulkan den ganzen Iran verschlang. Zentrum und Peripherie, Männer und Frauen, Heterosexuelle und Homosexuelle, Schiiten und Sunniten, Gläubige und Atheisten, Reiche und Arme, Junge und Alte, alle schlossen sich zusammen und zwangen das Regime in die Knie. Oktober 22 begann mit dem Verbrennen von Kopftüchern. Eine Generation, die im Schoß derer aufgewachsen war, die die Hoffnung auf Reformen aufgegeben hatten, erkannte, dass Freiheit unter ideologischer Herrschaft unerreichbar ist. Ein Regime, das den Islam zur offiziellen Ideologie erklärt hatte, benutzte die Religion, um die Gesellschaft zu manipulieren, das Land auszuplündern und die Frauen in die Unterdrückung zu treiben.
Der Slogan „Frau, Leben, Freiheit“, der in allen 31 Provinzen ertönte, verkündete diesmal nicht nur die Ablehnung des Systems, sondern zeigte auch den Weg nach vorn. Der Kampf gegen das Patriarchat in all seinen Formen wurde zur größten Herausforderung. Obwohl das Regime versucht, seine Kontrolle durch umfassende Repression, Verhaftungen und Hinrichtungen zu demonstrieren, hat sich das Gesicht des Iran und des iranischen Volkes seit September 22 grundlegend verändert. Im Bewusstsein der iranischen Gesellschaft hat eine Revolution stattgefunden.
Viele werden sich an Ahou Daryaie erinnern. Eine Studentin, die unter dem Druck der Sittenpolizei, die ihr den Mantel über den Kopf ziehen wollte, ihre zerrissenen Kleider auszog. Der Aufschrei in der iranischen Gesellschaft über diese mutige Tat war so groß, dass es dem Regime nicht gelang, sie 10 Tage im Gefängnis zu halten. Oder Parastu Ahmadi, eine Sängerin, die mit ihrer Band ein Live-Konzert im Internet gab. Auf Druck der Öffentlichkeit musste das Regime sie nach zehn Stunden freilassen, obwohl es Frauen gesetzlich verboten ist zu singen. Beide Fälle sind natürlich noch nicht abgeschlossen.
Am selben Tag, an dem „Ahou Daryaie“ mutig die Sittenpolizei herausforderte, wurde „Ayesha Mirzakahi“ in einer kleinen Stadt im Südosten Irans vor den Augen ihrer beiden Kinder von ihrem Ehemann ermordet, weil sie sich der Wiederverheiratung ihres Mannes widersetzte.
Die Bevölkerung des Iran ist von 38 Millionen im Jahr 1979 auf 86 Millionen angewachsen. Das bedeutet, dass mehr als die Hälfte der iranischen Bevölkerung unter den Trümmern dieser frauenfeindlichen Kultur aufgewachsen ist. Es wird lange dauern, die Auswirkungen dieser Propaganda zu beseitigen und eine menschlichere Gesellschaft aufzubauen. Nach einer vom Regime selbst veröffentlichten Statistik wird im Iran alle zwei Tage eine Frau von ihren männlichen Verwandten ermordet. Die häufigste Waffe, mit der Frauen im Iran getötet werden, sind jedoch die frauenfeindlichen Gesetze des Regimes. Die hohe Zahl der getöteten Frauen spiegelt die hohe Zahl der mutigen Frauen wider, die sich trotz dieser mittelalterlichen Gesetze gegen das Patriarchat erhoben haben.
Die Stärke und Wut dieser Frauen ist die größte Bedrohung für das Regime. Ihre Entschlossenheit stärkt uns und verstärkt den Widerstand gegen die Unterdrückung. Das iranische Regime muss fürchten, dass die Macht der Wut der Frauen größer sein könnte als seine Macht der Unterdrückung. Und das ist nicht mehr weit.
Es lebe der 8. März, der Tag des solidarischen Kampfes gegen das Patriarchat!
Zan Zendegi Azadi
Hamila Nissgilli, 08. März 2025
