Offener Brief der IWS Frauen an Frau Roth

Mittwoch 28. Januar ۲۰۱۵

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Sehr geehrte Frau Roth,

wir iranische Frauenrechtlerinnen, die in Europa und Nordamerika für die Freiheit für Frauen im Iran kämpfen, sind von Ihrer Reise in den Iran massiv enttäuscht.

Seit 36 Jahren kämpfen iranische Frauen gegen mittelalterliche Scharia-Gesetze. Trotz dieser unglaublichen Leistung werden die Frauen- und Menschenrechte dort immer mehr eingeschränkt.

Diskriminierende Gesetze, frauenfeindliche Propaganda sowie Restriktionen auf dem Arbeitsmarkt für Frauen hatten in den letzten Jahren bestürzende Folgen für Iranerinnen. Als einziges Beispiel verweisen wir auf die eingeschränkten Studienplatzangebote oder sogar das Verbot mancher Studienfächer für Frauen an den Universitäten.

Seit 36 Jahren herrscht im Iran das Gebot für Zwangsschleier. Um dieses durchzusetzen, wendet die iranische Regierung enorme Mittel (für Werbung, Kontrolle durch Wächter bis staatliche Repressionen) im Staatshaushalt auf. Allein im vergangenen Herbst wurden mehrere Frauen mit Säure attackiert. Sie hatten wie Sie bei Ihrem Besuch die Haare nicht vollkommen bedeckt! Die Täter wurden nie identifiziert, so dass sie auch nicht zur Rechenschaft gezogen werden konnten. Im Gegenteil, iranische Aktivistinnen, die gegen diese barbarische Feigheit demonstriert haben, wurden festgenommen. Dazu kam auch Inhaftierung der Journalistinnen, die hierüber berichteten.

Unserer Meinung nach haben Sie mit Ihrem Auftritt mit Kopftuch sich den Vorgaben des Regimes gebeugt und ihm signalisiert, dass Sie auf Ihre Freiheit verzichten, sich nach Ihrem Willen anzuziehen. Vielleicht wurde Ihnen suggeriert, dass Sie mit dem Kopftuch Ihren Respekt für iranische Kulturwerte ausdrücken. Es stellt sich allerdings hier die Frage, warum das Tragen eines Kopftuches mit dieser Gewalt durchgesetzt werden muss, wenn es wirklich Teil der iranischen Kultur sein soll?

In der Berichterstattung über Ihre Reise hatten Sie angegeben, dass Sie einen Oppositionspolitiker, nämlich Mohammadreza Aref besuchten. Seine politische Karriere und seine Äußerungen auch nach Ihrer Abreise deuten darauf hin, dass Herr Aref kein Repräsentant der Opposition ist. Übrigens gibt es keine Opposition im Iran nach Vorstellungen demokratischer Staaten. Oppositionelle wurden ermordet, inhaftiert und aus dem Land vertrieben. Die Verfolgungen durch das Mullah-Regime wurden im Ausland fortgesetzt, teilweise mit terroristischen Anschlägen. Das Berliner Mykonos-Attentat und die Ermordung des Sängers Fereydoun Farokhzad in Bonn sind nur zwei Beispiele.

Ihre Reise hat gezeigt, dass der islamische Staat Iran trotz seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit von Deutschland keineswegs Ihre Rechte als Frau, Demokratin und Menschenrechtverteidigerin akzeptiert.

Anders als Herr Volker Beck, dessen Einsatz bei Demonstrationen für die Rechte Homosexueller in Osteuropa wir bewundern, haben Sie sich auf die Seite der Regierenden gestellt. Damit haben Sie dem Regime einen Gefallen getan.

Sehr geehrte Frau Roth, aufgrund unserer jahrelangen Erfahrungen und Beobachtungen der Frauenrechtlerinnen im Iran müssen wir leider feststellen, dass Sie nicht dazu beigetragen haben, ihre Benachteiligungen zu reduzieren. Ganz im Gegenteil, wir müssen davon ausgehen, dass Sie zu einer Stabilisierung des Regimes beigetragen haben.

Mit Freundlichen Grüßen

Internationales Netzwerk zur Solidarisierung mit der iranischen Frauenbewegung

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